PolitikDie Putinisierung der Ukraine

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Handrij
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Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Der ukrainische Präsident Janukowitsch macht seine Wahlversprechen wahr und bindet sein Land wieder an Russland. Dabei imitiert er Putins Methoden.

Ukraine heißt übersetzt „Land am Rande“. Lag sie nach der „Orangenen Revolution“ vom Winter 2004/05, als sich das Land als einzige Gründungsrepublik der UdSSR in Richtung Demokratie zu bewegen schien, am Rande Europas, so kann man jetzt sagen, dass es nach dem Wahlsieg des einstigen Wahlfälschers Viktor Janukowitsch vom Februar 2010 wieder ein Land am Rande Russlands geworden ist und seinen Platz als Juniorpartner Russlands wiedergefunden hat. Janukowitsch wurde am 25. Februar in Anwesenheit des Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche, Kirill, als vierter Präsident der Ukraine vereidigt. Er verlor keine Zeit, um mit der „verrückten Juschtschenko-Ära“ abzuschließen. Im März 2010 gewann seine „Partei der Regionen“ auch die Parlamentswahl. Mikola Asarow, ein gebürtiger Russe, der seit 1984 in der Ukraine lebt, löste Julia Timoschenko als Regierungschef ab.
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

Tagespost hat geschrieben:
"Einer der Gründe für den Anstieg des „galizischen Nationalismus“ in der Westukraine ist die große Zunahme der Macht des Donbass-Klans in Kiew, allen voran des tatarischstämmigen Magnaten Rinat Achmetov, und die „russophile“ Politik Janukowitschs und Asarows. „Swoboda“ tritt für eine Bevorzugung ethnischer Ukrainer in leitenden Positionen, Antiimmigrationsgesetze und ein Visaregime mit Russland ein. Zurzeit besteht keine Gefahr einer Abspaltung. Doch falls die Galizier eine Bedrohung der Sprache und der Unabhängigkeit des Landes spüren, könnte die radikale Stimmung im Westen der Ukraine steigen und die Gefahr des Separatismus wieder auftauchen."
Man muß den Kopf in den Jahren der Regierung Juschtschenkos schon sehr in den Sand gesteckt haben, wenn man nicht gemerkt hat, wer wirklich an der Erstarkung des galizischen Nationalismus in der Ukraine Schuld hat!
Tagespost hat geschrieben:In der Geschichtspolitik setzt die neue Führung noch radikalere Akzente. So wird die Bedeutung des Holodomor – das Wortpaar „holod“ (Hunger) und „mor“ (Seuche) bezeichnet den Hungertod von 10 Millionen Ukrainern 1932/33 während der stalinistischen Zwangskollektivierungen –, der unter Juschtschenko als „Genozid am ukrainischen Volk“ galt, nun relativiert. Der Holodomor gilt nur noch als eine jener Hungersnöte, wie sie zu Beginn der 1930er Jahre auch in anderen Teilen der Sowjetunion vorgekommen sind. Von einer gezielt gegen das ukrainische Volk gerichteten Kampagne der damaligen Sowjetführung ist keine Rede mehr. Kulturminister Tabatschnik lässt die unter Juschtschenko verfassten historischen Lehrbücher bereits umschreiben. Eine neue Nähe zu Russland ist auf allen Ebenen in der Ukraine offensichtlich.
Hier wird bewußt verschwiegen, dass es auch international sehr umstritten ist, dass dies „Genozid am ukrainischen Volk“ war. Und was heißt hier "nur eine jener Hungersnöte, wie sie zu Beginn der 1930er Jahre auch in anderen Teilen der Sowjetunion vorgekommen sind"? In anderen Teilen der Sowjetunion ist eine solche Hungersnot nicht so schlimm? Es ist immer wieder verblüffend, wie sich auch Journalisten ins Gehirn sch...... lassen.

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Handrij
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Tjaja. fehlt nicht viel und der Autor hätte auf die Herkunft, äh "Stämmigkeit" von Kolomojskij, Pintschuk und Boholjubow hingewiesen ...

Btw. die Recherchequalität lässt sich an folgendem Satz zeigen:
Im März 2010 gewann seine „Partei der Regionen“ auch die Parlamentswahl.

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mbert
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Sonnenblume hat geschrieben: Man muß den Kopf in den Jahren der Regierung Juschtschenkos schon sehr in den Sand gesteckt haben, wenn man nicht gemerkt hat, wer wirklich an der Erstarkung des galizischen Nationalismus in der Ukraine Schuld hat!
Es ist kein Geheimnis, dass VJu ein sehr ukrainophiler Präsident war. Dass er Schuld sei am Erstarken des Nationalismus in der Westukraine, ist eine Behauptung, die vor allem von seinen politischen Gegnern im eigenen Lande sowie auch stark von Russland lanciert wurde. Mehr als eine Behauptung ist es aber nicht.

Ukrainischer Nationalismus ist in der Westukraine schon lange stark. Das geht auf Ereignisse zurück, die schon lange vor der ukrainischen Unabhängigkeit liegen. Ich empfehle hierzu auch die Lektüre des Wikipedia-Artikels zu Galizien: Nur eingeloggte Mitglieder sehen alle Links ....

Wichtige Phasen sind vor allem das 19. Jahrhundert, wo die kulturelle Toleranz der Habsburger den (West-) Ukrainern eine Ausformung der sprachlichen und kulturellen Identität ermöglichte (vergleichbares war für die östlichen Landsleute im Zarenreich undenkbar!). Quasi parallel zu anderen Nationalitäten entwickelte sich ein Nationalgedanke mit dem Wunsch nach einem eigenen Staat. Der wohl bekannteste Vertreter jener Bewegung war Ivan Franko.
Dann kam der Anschluss der Westukraine an die SU durch Stalin bei der Teilung Polens gemeinsam mit den Nazis. Durch Kollektivierung aber auch durch einfache Plünderung wurde in den vorher durch moderne Landwirtschaft wohlhabenden Regionen die Infrastruktur fast vollständig zerstört. Die Folgen sieht man noch heute, wo diese Gebiete zu den ärmeren der Ukraine gehören, und die dort weit verbreitete Russland-Feindlichkeit hat darin ihren Ursprung.

Diese Ereignisse halte ich für die ganz wesentlichen Ursprünge des galizischen Nationalismus.
Nun müssen wir aber auch unterscheiden zwischen Nationalbewusstsein und Nationalismus. Die Übergänge sind oft fließend. Von 2005 bis 2010 gab es eine ukrainophile Regierung, mit der die Menschen zusehens enttäuscht waren. Es ist normal, dass in einer solchen Situation die Menschen bei Wahlen nach Alternativen suchen. Aufgrund der o.g. Hintergründe kannst Du lange darauf warten, dass Westukrainer die PR wählen, weil sie von VJu oder Julia enttäuscht sind. Lieber gehen sie überhaupt nicht wählen (was zu einem guten Teil bei VJan's Machtergreifung geholfen haben dürfte) - oder sie wählen eben "Protest". Welcher Anteil der Svoboda-Wähler wirklich Nationalisten oder eben enttäuschte Westukrainer im oben definierten Sinne sind, wird sich bei zukünftigen Wahlen zeigen.

Tatsächlich war es aber alles andere als schlau von den Strategen der PR, durch administrative Hürden bei der Auftsellung bzw. Registrierung der Listen der Oppositionsparteien verhindern zu wollen, dass man Julia wählt, außer eine Radikalisierung im Westen hat man überhaupt nichts gewonnen.

Soviel zum Kopf in den Sand stecken. Wenn Du interessante Fakten zu bieten hast, um Deine o.g. Behauptung zu belegen, bin ich gespannt darauf und gern bereit, darüber zu diskutieren.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

Ich hatte einfach keine Lust, den ganzen Artikel zu zerpflücken. Wäre zuviel der Ehre gewesen ;)

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mbert
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Sonnenblume hat geschrieben: Hier wird bewußt verschwiegen, dass es auch international sehr umstritten ist, dass dies „Genozid am ukrainischen Volk“ war. Und was heißt hier "nur eine jener Hungersnöte, wie sie zu Beginn der 1930er Jahre auch in anderen Teilen der Sowjetunion vorgekommen sind"? In anderen Teilen der Sowjetunion ist eine solche Hungersnot nicht so schlimm? Es ist immer wieder verblüffend, wie sich auch Journalisten ins Gehirn sch...... lassen.
Ja, es ist umstritten. Und ich denke auch, dass man die Beurteilung derartiger Ereignisse den Historikern überlassen sollte - Politiker sollten dazu lieber schweigen. Leider passierte das weder unter dem einen noch unter dem anderen Viktor.

Fakt ist, dass weder die These des gezielten Völkermordes noch die "einer jener Hungersnöte" bewiesen ist. Also hat diese Frage nach meinem Dafürhalten offen diskutiert zu werden. Passiert das jetzt? Ich habe nicht den Eindruck!

Was nicht umstritten ist, ist dass diese Hungersnot bewusst von der damaligen SU-Führung in Kauf genommen wurde, indem man die im eigenen Land nicht genug vorhandenen Lebensmittel requirierte und ins Ausland verkaufte. Das ist in jedem Fall ein Verbrechen. Und mir kommt die Galle hoch, wenn dann aus einem Verbrechen direkt oder indirekt ein "tragisches Ereignis" gemacht wird. Dass unter diesem Verbrechen nicht nur Ukrainer litten, ist unbestritten. Dass die Ukraine als "Kornkammer" besonders betroffen war, ist das auch. Ob über das "in Kauf nehmen" hinaus auch gezielt Ukrainer dahingemordet wurden, ist die offene Frage, über die die Politiker doch bitte lieber den Schnabel halten sollten.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

mbert hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben: Man muß den Kopf in den Jahren der Regierung Juschtschenkos schon sehr in den Sand gesteckt haben, wenn man nicht gemerkt hat, wer wirklich an der Erstarkung des galizischen Nationalismus in der Ukraine Schuld hat!
Es ist kein Geheimnis, dass VJu ein sehr ukrainophiler Präsident war. Dass er Schuld sei am Erstarken des Nationalismus in der Westukraine, ist eine Behauptung, die vor allem von seinen politischen Gegnern im eigenen Lande sowie auch stark von Russland lanciert wurde. Mehr als eine Behauptung ist es aber nicht...

Soviel zum Kopf in den Sand stecken. Wenn Du interessante Fakten zu bieten hast, um Deine o.g. Behauptung zu belegen, bin ich gespannt darauf und gern bereit, darüber zu diskutieren.
Ich gebe dir recht, dass der galizische Nationalismus schon immer da war, aber dass er so eine Plattform für sein Wirken in der Ukraine der letzten Jahre gefunden hat, das ist Juschtschenko zuzuschreiben. Er hat Faschisten zu Helden ernannt und somit das Erstarken des Nationalismus nicht nur in Kauf genommen, sondern forciert. Auch wenn das eine Argumentation der Russen ist, so muß sie ja nicht automatisch deswegen falsch sein.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Sonnenblume hat geschrieben: Er hat Faschisten zu Helden ernannt und somit das Erstarken des Nationalismus nicht nur in Kauf genommen, sondern forciert.
Ich sehe das mit der UPA eigentlich genau so wie mit Holodomor - es ist ein riesiger Fehler, wenn Politiker sich an der Thematik versuchen, sie ist viel zu komplex, um sie in publikumswirksame einfache Wahrheiten zu verpacken. Bandera genießt ja nicht nur im Westen Bewunderung für seinen Kampf für eine unabhängige Ukraine. Gleichzeitig ist er auch für Verbrechen verantwortlich. Dass er ein Nationalist war, ist unbestritten. Ob ein Faschist, hängt aus meiner Sicht vor allem davon ab, wie man den Begriff "Faschist" definiert. Mir hängt da leider ziemlich der alte in der SU übliche Sprachgebrauch nach, wo das eigentlich nur ein Synonym für "Nazi" und "Verbrecher" war. Diese Definition passt aus meiner Sicht nicht, dazu ist Bandera wie auch die UPA zu vielschichtig.

Ich finde es generell problematisch, Partisanenarmeen (vor allem solche, die mit breiter Unterstützung im Volk agierten) einfach nur als "gut" oder "böse" abzustempeln. Da spricht mir Dubinianski aus dem Herzen: http://www.ukraine-nachrichten.de/2797/ ... sanenarmee - die UPA operierte nach den selben "Regeln" wie die meisten anderen "Befreiungsbewegungen" der Neuzeit, eine ideologielastige Bewertung ist da aus meiner Sicht vollkommen fehl am Platze.
Sonnenblume hat geschrieben: Auch wenn das eine Argumentation der Russen ist, so muß sie ja nicht automatisch deswegen falsch sein.
Nun ja, an der russischen "Position" stört mich ein wenig, dass sie mit derartigen Dingen schon auf VJu schossen, bevor überhaupt irgendein Grund dafür exitiert hätte. Das riecht für mich schon sehr danach, dass man bewusst Einfluss nehmen wollte, indem man einen unbequemen Präsidenten zu schwächen versucht.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

mbert hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben: Er hat Faschisten zu Helden ernannt und somit das Erstarken des Nationalismus nicht nur in Kauf genommen, sondern forciert.
Ich sehe das mit der UPA eigentlich genau so wie mit Holodomor - es ist ein riesiger Fehler, wenn Politiker sich an der Thematik versuchen, sie ist viel zu komplex, um sie in publikumswirksame einfache Wahrheiten zu verpacken. Bandera genießt ja nicht nur im Westen Bewunderung für seinen Kampf für eine unabhängige Ukraine. Gleichzeitig ist er auch für Verbrechen verantwortlich. Dass er ein Nationalist war, ist unbestritten. Ob ein Faschist, hängt aus meiner Sicht vor allem davon ab, wie man den Begriff "Faschist" definiert. Mir hängt da leider ziemlich der alte in der SU übliche Sprachgebrauch nach, wo das eigentlich nur ein Synonym für "Nazi" und "Verbrecher" war. Diese Definition passt aus meiner Sicht nicht, dazu ist Bandera wie auch die UPA zu vielschichtig.

Ich finde es generell problematisch, Partisanenarmeen (vor allem solche, die mit breiter Unterstützung im Volk agierten) einfach nur als "gut" oder "böse" abzustempeln. Da spricht mir Dubinianski aus dem Herzen: http://www.ukraine-nachrichten.de/2797/ ... sanenarmee - die UPA operierte nach den selben "Regeln" wie die meisten anderen "Befreiungsbewegungen" der Neuzeit, eine ideologielastige Bewertung ist da aus meiner Sicht vollkommen fehl am Platze.


Den Artikel von Dubinianski fand ich im Prinzip auch gut. Bei der UPA hat mich aber besonders gestört, dass sie zu einer Zeit, als jede Hand gebraucht wurde, um die deutschen Faschisten aus dem Land zu treiben, ihren eigenen Brüdern in den Rücken gefallen sind. Wenn es um die Unabhängigkeit der Ukraine ging, warum hat man nicht erst gemeinsam dafür gesorgt, die Deutschen zu vertreiben, um nach dem Sieg eine Unabhängige Ukraine zu organisieren?
Ich unterstelle Bandera, dass er dieses "Unabhängigkeitsstreben" als Vorwand benutzt hat, um Macht zu haben. Und er hat genug Schafe und Wölfe gefunden, die ihm gefolgt sind. Warum soll ausgerechnet ein Bandera besser gewesen sein, als die heutigen Politiker? Da interessiert doch auch keinen das Wohl des Volkes, sondern nur die eigene Macht.
mbert hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben: Auch wenn das eine Argumentation der Russen ist, so muß sie ja nicht automatisch deswegen falsch sein.
Nun ja, an der russischen "Position" stört mich ein wenig, dass sie mit derartigen Dingen schon auf VJu schossen, bevor überhaupt irgendein Grund dafür exitiert hätte. Das riecht für mich schon sehr danach, dass man bewusst Einfluss nehmen wollte, indem man einen unbequemen Präsidenten zu schwächen versucht.
Das soll hoffentlich nicht heißen, dass der arme VJu gar nicht anders konnte ?

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Sonnenblume hat geschrieben: Den Artikel von Dubinianski fand ich im Prinzip auch gut. Bei der UPA hat mich aber besonders gestört, dass sie zu einer Zeit, als jede Hand gebraucht wurde, um die deutschen Faschisten aus dem Land zu treiben, ihren eigenen Brüdern in den Rücken gefallen sind.
Ich glaube, dieser Satz sagt schon alles über das Missverständnis zwischen Russen und Ukrainern, wenn es um jene Phase geht, aus. Die Galizier waren bis zum zweite Weltkrieg nie unter russischer Herrschaft gewesen. Die Erlebnisse nach dem Einmarsch der roten Armee waren für die Menschen dort absolut traumatisch (das sind Erfahrungen, über die Du wirklich nur von Menschen aus jener Region hören kannst, Du musst Dich aber beeilen, denn es gibt bald keine mehr, die noch leben). Andererseits hatten die Meisten Menschen dort zu der Zeit noch die Habsburger Zeit erlebt, die zwar auch von vielen als eine Art Unterdrückung betrachtet wurde, die aber im Vergeleich zu den Russen als absolut das kleinere Übel betrachtet wurde. Auch gab es noch viele Verbindungen zu Deutschland (Österreich). Für die Menschen in Galizien war es eine vollkommen natürliche Entscheidung, für Deutschland und gegen Russland zu sein. Hinzu kommt, dass anfangs die deutschen Besatzer ziemlich geschickt diese Sympathie ausnutzten. Ich weiß aus dem Verwandtenkreis meiner Freundin von diversen Erlebnissen, wo den Menschen geholfen wurde, die zuvor von den Russen zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen.

Zusätzlich muss man auch berücksichtigen, dass die UPA kein rein westukrainisches Phänomen war. Es gab in ihren Reihen eine große Anzahl von Mitgliedern aus den anderen Teilen des Landes.
Sonnenblume hat geschrieben: Wenn es um die Unabhängigkeit der Ukraine ging, warum hat man nicht erst gemeinsam dafür gesorgt, die Deutschen zu vertreiben, um nach dem Sieg eine Unabhängige Ukraine zu organisieren?
Man hat das tatsächlich genau umgekehrt betrieben. Erst sollten die Russen vertrieben werden, dann die Deutschen. Ich glaube, aufgrund der o.g. Situation wurde von den meisten Menschen vollkommen verkannt, dass die Deutschen eben überhaupt nicht besser für die Ukraine waren als die Russen.
Sonnenblume hat geschrieben: Ich unterstelle Bandera, dass er dieses "Unabhängigkeitsstreben" als Vorwand benutzt hat, um Macht zu haben. Und er hat genug Schafe und Wölfe gefunden, die ihm gefolgt sind. Warum soll ausgerechnet ein Bandera besser gewesen sein, als die heutigen Politiker? Da interessiert doch auch keinen das Wohl des Volkes, sondern nur die eigene Macht.
Du wirst kaum einen politischen Führer finden, der nicht auch als wesentliche Triebfeder persönlichen Ehrgeiz hat. Ich halte Bandera nicht für besser als heutige Politiker. Er hat wie andere politische und militärische Führer einiges erreicht und ist dabei über Leichen gegangen.
Ob ein solcher Führer später als Held oder Verbrecher bezeichnet wird, ist leider für viele allein davon abhängig, ob sie am Ende gewannen oder nicht. Ich würde Bandera als eine umstrittene Figur bezeichnen, aber die Bezeichnung "Faschist" oder "Verräter an den Brüdern" wird ihm absolut nicht gerecht.

Wie schon vorher geschrieben, ist die Beurteilung des ukrainischen Widerstandes aus meiner Sicht etwas, das den Historikern überlassen und von Politkern vermieden werden sollte. Das gilt sowohl für die Heiligsprechung durch nationale Ukrainer als auch für die Verdammung durch Russophile oder Kommunisten.
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

mbert hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben: Den Artikel von Dubinianski fand ich im Prinzip auch gut. Bei der UPA hat mich aber besonders gestört, dass sie zu einer Zeit, als jede Hand gebraucht wurde, um die deutschen Faschisten aus dem Land zu treiben, ihren eigenen Brüdern in den Rücken gefallen sind.
Ich glaube, dieser Satz sagt schon alles über das Missverständnis zwischen Russen und Ukrainern, wenn es um jene Phase geht, aus. Die Galizier waren bis zum zweite Weltkrieg nie unter russischer Herrschaft gewesen. Die Erlebnisse nach dem Einmarsch der roten Armee waren für die Menschen dort absolut traumatisch (das sind Erfahrungen, über die Du wirklich nur von Menschen aus jener Region hören kannst, Du musst Dich aber beeilen, denn es gibt bald keine mehr, die noch leben). Andererseits hatten die Meisten Menschen dort zu der Zeit noch die Habsburger Zeit erlebt, die zwar auch von vielen als eine Art Unterdrückung betrachtet wurde, die aber im Vergeleich zu den Russen als absolut das kleinere Übel betrachtet wurde. Auch gab es noch viele Verbindungen zu Deutschland (Österreich). Für die Menschen in Galizien war es eine vollkommen natürliche Entscheidung, für Deutschland und gegen Russland zu sein. Hinzu kommt, dass anfangs die deutschen Besatzer ziemlich geschickt diese Sympathie ausnutzten. Ich weiß aus dem Verwandtenkreis meiner Freundin von diversen Erlebnissen, wo den Menschen geholfen wurde, die zuvor von den Russen zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen.

Zusätzlich muss man auch berücksichtigen, dass die UPA kein rein westukrainisches Phänomen war. Es gab in ihren Reihen eine große Anzahl von Mitgliedern aus den anderen Teilen des Landes.
Genau das meine ich doch, wenn ich sage, sie sind ihren Brüdern in den Rücken gefallen. Und glaub mir, der Riß ging wirklich durch Familien!
Natürlich hatten die Galizier ganz andere historische Wurzeln als z.Bsp. die Donezker, aber wie groß wäre denn die heutige Ukraine, wenn es die Sowjetzeit nicht gegeben hätte?
Ich finde, man solte endlich mal aufhören, in der Vergangenheit rumzustochern und das Trennende zu suchen. Es wäre sehr hilfreich, nach vorn zu schauen und das Gemeinsame zu nutzen, um Verbesserungen für das gesamte ukrainische Volk auf den Weg zu bringen. [smilie=ukr_prapor]

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Sonnenblume hat geschrieben: Genau das meine ich doch, wenn ich sage, sie sind ihren Brüdern in den Rücken gefallen. Und glaub mir, der Riß ging wirklich durch Familien!


Das glaube ich! Und dennoch - ich bin mit dieser Formulierung nicht einverstanden. Dass Ukrainer gegeneinander kämpfen mussten, war ja noch überhaupt nicht lange her, die Galizier auf Deutsch/Österreichischer Seite, ihre östlichen Brüder auf Seite Zaren-Russlands! Nur: eine "Schuld" kann ich da auf Seiten der UPA nicht erkennen. Was hätte man tun sollen? Um sich von Russland zu befreien, musste man gegen die rote Armee kämpfen, und in jener waren eben freiwillig und auch unfreiwillig Ukrainer.
Sonnenblume hat geschrieben: Natürlich hatten die Galizier ganz andere historische Wurzeln als z.Bsp. die Donezker,
So groß sind die Unterschiede zur ursprünglichen ostukrainischen Bevölkerung nicht. Der kulturelle Bruch kam mit der massenhaften Besiedlung des Donbass-Beckens mit Russen unter Stalin. Und diese Menschen waren zu dem Zeitpunkt zunächst Fremdkörper, bis sie eben plötzlich die Mehrheit stellten. Und heute traut sich die ukrainophone ostukrainische Bevölkerung nicht mehr, in Städten ihre eigene Sprache zu sprechen, weil sie Angst haben, als Dorfdeppen ausgegrenzt zu werden...
Sonnenblume hat geschrieben: aber wie groß wäre denn die heutige Ukraine, wenn es die Sowjetzeit nicht gegeben hätte?
Schwer zu sagen, es hätte wohl andere Kriege gegeben. Das Attentat von Sarajevo war ein Teil eben des selben nationalen Erwachens der verstreuten und fremdbeherrschten osteuropäischen Völker wie es später der Kampf der UPA war. Will sagen: der nationale Gedanke war überaus stark, es spricht aus meiner Sicht durchaus einiges dafür, dass es irgendeine Art von Versuch gegeben hätte, notfalls mit Gewalt, einen ukrainischen Staat zu errichten. Was dabei herausgekommen wäre, ist schwer zu sagen.
Sonnenblume hat geschrieben: Ich finde, man solte endlich mal aufhören, in der Vergangenheit rumzustochern und das Trennende zu suchen. Es wäre sehr hilfreich, nach vorn zu schauen und das Gemeinsame zu nutzen, um Verbesserungen für das gesamte ukrainische Volk auf den Weg zu bringen. [smilie=ukr_prapor]
Da bin ich ganz Deiner Meinung. Ich denke, dass sowohl westlich als auch östlich von Kyiv Menschen eine Menge Einfluss haben, die versuchen ,von einer kulturellen Entfremdung zwischen Ost und West zu profitieren. Unter VJu sind eine Menge Fehler gemacht worden, und jetzt ist das Pendel auf die andere Seite umgeschlagen, und wir haben das selbe in einer anderen Färbung. Aber das Problem liegt aus meiner Sicht noch viel tiefer: solange die Politik frei von Visionen und im wesentlichen nur ein Vehikel ist für die persönlichen Ambitionen der einzelnen Führer, wird es da keine Verbesserung geben. Und wie sich in der derzeitigen Lage eine gesunde Parteienlandschaft oder auch nur ein funktionierender Parlamentarismus entwickeln soll, ist mir leider absolut unvorstellbar.
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

mbert hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben: Genau das meine ich doch, wenn ich sage, sie sind ihren Brüdern in den Rücken gefallen. Und glaub mir, der Riß ging wirklich durch Familien!


Das glaube ich! Und dennoch - ich bin mit dieser Formulierung nicht einverstanden. Dass Ukrainer gegeneinander kämpfen mussten, war ja noch überhaupt nicht lange her, die Galizier auf Deutsch/Österreichischer Seite, ihre östlichen Brüder auf Seite Zaren-Russlands! Nur: eine "Schuld" kann ich da auf Seiten der UPA nicht erkennen. Was hätte man tun sollen? Um sich von Russland zu befreien, musste man gegen die rote Armee kämpfen, und in jener waren eben freiwillig und auch unfreiwillig Ukrainer.

Wie ich schon sagte, man hätte erst den gemeinsamen Feind besiegen und dann sich einigen können. Zu Ende gedacht, hätte durch die UPA ja Hitler auch den Krieg gewinnen können.

Na gut, hier werden wir wohl keine Einigung erzielen, muß man ja auch nicht. Das Schöne an unserer Diskussion hier ist ja, dass wir damit umgehen können, wenn der Andere bei seiner Meinung bleibt, wenn die Gegenargumente nicht überzeugen.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Sonnenblume hat geschrieben: Wie ich schon sagte, man hätte erst den gemeinsamen Feind besiegen und dann sich einigen können. Zu Ende gedacht, hätte durch die UPA ja Hitler auch den Krieg gewinnen können.
Tja, das war wohl von Anfang an klar, dass man dies eben nicht tun konnte. Auch wenn die UPA vielschichtig war - z.B. sollen dort auch Mitglieder der Kommunistischen Partei der Westukraine mitgekämpft haben, so war die Gegnerschaft zu Moskau bereits in den 30ern klar und der gemeinsame Feind lag zuerst einmal Moskau. Die Art und Weise wie sich der NKWD 1939-1941 im Westen aufgeführt hat, brachte da in keinem Falle eine Verbesserung. Vor dem Einmarsch der Sowjets hatte die OUN auch bereits in der Sowjetunion ihre Aktivitäten entfaltet und musste dafür bereits einen Blutzoll zahlen:
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Tilko »

Sehr schöne Diskusion und vor allem sachlich und freundlich im Umgang dafür ein besonderen Dank.

Gruß Tilko [smilie=ukr_prapor] (~)3 [smilie=ru_prapor]

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Sonnenblume hat geschrieben: Wie ich schon sagte, man hätte erst den gemeinsamen Feind besiegen und dann sich einigen können. Zu Ende gedacht, hätte durch die UPA ja Hitler auch den Krieg gewinnen können.
Den "gemeinsamen" Feind? Ich verstehe nicht ganz wen Sie meinen, mit dem der Feind geteilt wurde. Meine Sie die Ostukrainer oder die Russen oder die Polen? Aus westukrainischer Sicht gab es drei Feinde: die Polen, die Deutschen und die Sowjets. Die Polen spielten keine bedeutende Rolle mehr - abgesehen von einer möglichen Nachkriegsordnung (soll heissen, dass natürlich auch kein Interesse bestehen konnte, dass die Polen wieder eine bedeutende Rolle erlangen). Also bleiben noch die Sowjets und die Deutschen. Warum sollten einem Westukrainer die Sowjets näher stehen als die Deutschen? Die Erfahrungen der Jahre 39-41 trugen nicht unbedingt zur Steigerung der Sympathien für die Sowjets bei. Der Holodomor und die Schrecken der 30er Jahre waren auch in der Westukraine bekannt (und wurden von den Deutschen auch instrumentalisiert).

In der UPA gab es ein Bewusstsein, dass man weder gegen Hitler noch gegen Stalin gewinnen kann. Man hoffte, dass sich die beiden aufreiben und beide zusammenbrechen. Leider ist es dazu nicht gekommen.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Die UPA war aber ebenfalls keine Alternative. Sie versprach auch nur Mord und Totschlag und dies nach ethnischen Kriterien, ähnlich wie die Nationalsozialisten. Die Ursachen für die Niederlage der UPA sind auch in ihrem Vorgehen zu suchen und nicht nur bei der Repression und der Übermacht des NKWD.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Sonnenblume hat geschrieben: Ich gebe dir recht, dass der galizische Nationalismus schon immer da war, aber dass er so eine Plattform für sein Wirken in der Ukraine der letzten Jahre gefunden hat, das ist Juschtschenko zuzuschreiben. Er hat Faschisten zu Helden ernannt und somit das Erstarken des Nationalismus nicht nur in Kauf genommen, sondern forciert. Auch wenn das eine Argumentation der Russen ist, so muß sie ja nicht automatisch deswegen falsch sein.
Diese Argumentation ist leicht zu widerlegen. Das Bandera, Szuchewycz und co. Helden sind, war in Galizien schon lange vor Juszczenko Konsens. Wenn alle die Bandera usw. für Helden halten bei der letzten Wahl Swoboda gewählt hätten, dann hätte Swoboda um einiges mehr an Stimmen erhalten (wohl mindestens doppelt so viele). :-)

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

Galizien ist nicht die gesamte Ukraine. Und was den gemeinsamen Gegener betrifft, so war glaube ich schon zu erkennen, dass ich die Deutschen meinte.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Sonnenblume hat geschrieben:Galizien ist nicht die gesamte Ukraine. Und was den gemeinsamen Gegener betrifft, so war glaube ich schon zu erkennen, dass ich die Deutschen meinte.
Das die Deutschen gemeint waren, ist schon klar. Ich meinte, mit wem dieser Feind geteilt wurde.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

stefko hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben:Galizien ist nicht die gesamte Ukraine. Und was den gemeinsamen Gegener betrifft, so war glaube ich schon zu erkennen, dass ich die Deutschen meinte.
Das die Deutschen gemeint waren, ist schon klar. Ich meinte, mit wem dieser Feind geteilt wurde.
Ich hab mir einfach gewünscht, dass Menschen, die in einem Land leben, auch zusammenhalten und gemeinsam kämpfen, wenn dieses Land überfallen wird.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Handrij hat geschrieben:Die UPA war aber ebenfalls keine Alternative. Sie versprach auch nur Mord und Totschlag und dies nach ethnischen Kriterien, ähnlich wie die Nationalsozialisten.
... oder den Kommunisten ... Wir sollten nicht vergessen, dass die Sowjets genau die ethnische Säuberungen durchführte, die wohl die UPA erhofft hätte (alle Polen hinter den San).
Handrij hat geschrieben:Die Ursachen für die Niederlage der UPA sind auch in ihrem Vorgehen zu suchen und nicht nur bei der Repression und der Übermacht des NKWD.
Die UPA hat gar nicht gewinnen können. Woher hätten Waffen und Geld kommen sollen. Die Hoffnung bestand auf ein Durchhalten bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion aus anderen Gründen.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Sonnenblume hat geschrieben:
Ich hab mir einfach gewünscht, dass Menschen, die in einem Land leben, auch zusammenhalten und gemeinsam kämpfen, wenn dieses Land überfallen wird.
Welches Land meinen Sie und welchen Überfall? Die Polen könnten genauso fragen, warum die Ukrainer nicht gemeinsam mit ihnen gegen Sowjets und Deutsche kämpften. Es gab ja vor WK2 auch ein gemeinsames Land und zwei gemeinsame Feinde.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

stefko hat geschrieben: ... oder den Kommunisten ... Wir sollten nicht vergessen, dass die Sowjets genau die ethnische Säuberungen durchführte, die wohl die UPA erhofft hätte (alle Polen hinter den San).
Gewaltsame Umsiedlung und Abschlachten sind zwei verschiedene Stiefel. Bei den Sowjets sind in einem rationalen Sinn von Herrschaft herrschaftssichernde Elemente zur Anwendung gekommen, die OUN-UPA hatte eine zum Nationalsozialismus mehr als kompatible Ideologie und hat alle "nichtukrainischen Elemente" einschließlich ethnischer Ukrainer, die eine andere Linie vertraten, umgebracht. Das Element politische Gegner zu beseitigen bzw. potentielle politische Gegner zu beseitigen, was eben Herrschaft sichert, fand sich sowohl bei den Sowjets, als auch bei den Nazis/Deutschen und der OUN-UPA. Doch ethnische Säuberungen, im Sinne von physischer Vernichtung der Ethnie, das fand sich nur bei den Nazis/Deutschen und den ukrainischen Nationalisten. Die Nazi/Deutschens haben es aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auf ein industrielles Niveau der Vernichtung gebracht, die OUN-UPA war da aufgrund der Beschränktheit der Mittel auf manuelle Tötung angewiesen.
stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben:Die Ursachen für die Niederlage der UPA sind auch in ihrem Vorgehen zu suchen und nicht nur bei der Repression und der Übermacht des NKWD.
Die UPA hat gar nicht gewinnen können. Woher hätten Waffen und Geld kommen sollen. Die Hoffnung bestand auf ein Durchhalten bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion aus anderen Gründen.
Daher hat die OUN auch zuerst auf die Nazis gesetzt und das bereits seit den 30ern. Die dann entstehende UPA (1943) war da nicht mehr ganz so eindeutig auf Seiten der Deutschen, doch war da der Drops für die ukrainischen Nationalisten eh schon gelutscht. Nach Stalingrad war auch dem letzten klar, dass die Sowjets wieder kommen und damit gab es nur noch einen Feind. Wie dieser Artikel Nur eingeloggte Mitglieder sehen alle Links ... belegen soll, gibt es von Seiten der Wehrmacht keine Belege dafür, dass die UPA nennenswert gegen die Deutschen gekämpft hätte. Allenfalls Überfälle auf Vorratslager gab es demnach. Wäre interessant eine deutsche Quelle dazu zu haben, da man in der Ukraine zu diesem Thema kaum jemandem glauben kann.
Ende der 40er und Anfang der 50er gab es angeblich Unterstützung von Seiten der Amerikaner und die Wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen Sowjets und dem westlichen Block war damals auch nicht so gering.

Um es aber vielleicht noch einmal klarzustellen: Ich halte es für legitim Leute umzuschießen, die in mein Dorf kommen und die Leute aus meinem Umfeld umbringen oder mich umbringen wollen. Ich halte es aber nicht für legitim ins Nachbardorf zu gehen und einfach Leute umzulegen, die eine andere Sprache sprechen oder zu einem anderen Gott beten.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Handrij hat geschrieben: Um es aber vielleicht noch einmal klarzustellen: Ich halte es für legitim Leute umzuschießen, die in mein Dorf kommen und die Leute aus meinem Umfeld umbringen oder mich umbringen wollen. Ich halte es aber nicht für legitim ins Nachbardorf zu gehen und einfach Leute umzulegen, die eine andere Sprache sprechen oder zu einem anderen Gott beten.
Mit der Formulierung kann ich vollkommen konform gehen. Nur sehe ich immer noch signifikante Unterschiede zwischen der UPA und den Nazis. Der Hass auf die Polen hatte doch in der Ukraine durchaus reelle Wurzeln, es hatte schließlich eine Menge Blutvergießen in den Jahren davor gegeben, wo die Ukrainer vor allen in der Opferrolle waren. Ich will das Vorgehen der UPA damit nicht entschuldigen, aber wenn Du die Frage stellst, warum ein Mensch einen anderen umbringen will (was an sich schon nicht zu rechtfertigen ist!), dann haben wir hier zu jener Zeit noch absolut offene Wunden und nicht so sehr alte Rechnungen. Ich kann zumindest nachvollziehen, warum manche Menschen damals so aufgebracht waren, dass sie derartige Verbrechen verübten. Vergleichbares Verständnis könnte ich den Massenmorden der Nazis beim besten Willen eben nicht aufbringen.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Sonnenblume »

stefko hat geschrieben:
Sonnenblume hat geschrieben:
Ich hab mir einfach gewünscht, dass Menschen, die in einem Land leben, auch zusammenhalten und gemeinsam kämpfen, wenn dieses Land überfallen wird.
Welches Land meinen Sie und welchen Überfall? Die Polen könnten genauso fragen, warum die Ukrainer nicht gemeinsam mit ihnen gegen Sowjets und Deutsche kämpften. Es gab ja vor WK2 auch ein gemeinsames Land und zwei gemeinsame Feinde.
Als Land meine ich die Sowjetunion und als Feind meine ich immer noch Deutschland. Galizien gehörte (berichtigen Sie mich, wenn ich mich irre) seit 1939 zur Sowjetunion und der Überfall Deutschlands war 1941. Das erklärt auch, warum sie den Polen nicht geholfen haben.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von DevilsNeverCry »

Mit dem Spruch "ihr seid Verräter den ihr hättet mit uns gegen die Faschisten kämpfen müssen" wird man bei den Einwohnern von Galizien, Wolhynien und Poldolien nicht viel erreichen können. Es wurde hier schon mehrfach darauf hingewiesen das die Einwohner dieser Region ein deutlich stärkeres Nationalbewusstsein haben als jene Menschen die aus Charkiw oder Odesa kommen. So etwas wie Plast oder Prosvita kannten die Ukrainer des ehemaligen Zarenreiches nicht und hatten solche kulturellen Bildungsvereine erst mit der Zeit in der CCCP genießen können. Die Ukrainer aus Lwiw und Ternopil kämpften für einen ukrainischen Staat, die Ukrainer aus Odesa und Charkiw für die CCCP. Das ist nun zeimlich verallgemeinert, aber im ganzen stimmt es so. Es hilft hier nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen da keiner von seinr Position weichen möchte. Mir persönlich gefallen diese ganzen Diskussionen rund um die Rote Armee und der OUN/UPA nicht da sie nur den kulturellen Graben zwischen den Einwohnern dieses Landes vertiefen. Der Staat sollte eher Projekte rund um die ukrainischen Kosaken (besonders um Chortiza) weiter empor heben sowie der Zeit während des Bürgerkrieges von 1918-1922 mehr Zeit widmen da besonders hier tragische Rolle der Ukrainer zum Vorschein kommt.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

DevilsNeverCry hat geschrieben:Mit dem Spruch "ihr seid Verräter den ihr hättet mit uns gegen die Faschisten kämpfen müssen" wird man bei den Einwohnern von Galizien, Wolhynien und Poldolien nicht viel erreichen können. Es wurde hier schon mehrfach darauf hingewiesen das die Einwohner dieser Region ein deutlich stärkeres Nationalbewusstsein haben als jene Menschen die aus Charkiw oder Odesa kommen.
Die Tatsache sehe ich genau so, aber die Begründung teile ich nicht. Der Grund ist weniger das starke Nationalbewusstsein der Wessis, es war vielmehr eine aus der KuK-Zeit gebliebene grundsätzlich deutschlandfreundliche Einstellung sowie die traumatisierenden Erfahrungen nach dem Einmarsch der roten Armee. Man musste in dieser Situation überhaupt kein Nationalist sein, es war vollkommen logisch, dass man aufgrund dieser Erfahrungen in Russland den schlimmeren Feind als in Deutschland sah. Daher ist der "Verräter"-Spruch vollkommen neben der Spur.
DevilsNeverCry hat geschrieben: Mir persönlich gefallen diese ganzen Diskussionen rund um die Rote Armee und der OUN/UPA nicht da sie nur den kulturellen Graben zwischen den Einwohnern dieses Landes vertiefen.
Ich finde diese Diskussionen absolut notwendig. Es ist doch vor allem eine Frage, wie sie geführt werden! Das Thema UPA ist von beiden Seiten unsachlich behandelt und ideologisch verbrämt worden. Das hat einen Keil zwischen die Menschen getrieben, nicht das Thema selber (in der UPA kämpften viele Zentral- und Ostukrainer, was heute gern "vergessen" wird, weil es nicht in die üblichen Klisches passt).

Mich stört genauso eine einseitige Heroisierung Banderas wie mich auch stört, wenn die aus den sovietischen Zeiten stammende Legende von den "Verrätern" nachgeplappert wird (man denke bitte einmal für ein paar Minuten nach, wer eigentlich aus welchen Gründen ein Interesse an einer solchen Darstellung hat!).

Mir wäre es lieb, wenn man das Thema Historikern überließe, die sich gern darüber streiten dürfen, aber am Ende hoffentlich die relevanten Tatsachen offenlegen, so dass eine Chance besteht, ein ausgewogenes Bild von jener Zeit zu schaffen.
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Sonnenblume hat geschrieben:
Als Land meine ich die Sowjetunion und als Feind meine ich immer noch Deutschland. Galizien gehörte (berichtigen Sie mich, wenn ich mich irre) seit 1939 zur Sowjetunion und der Überfall Deutschlands war 1941. Das erklärt auch, warum sie den Polen nicht geholfen haben.
Wegen zwei Jahren sowjetischer Besatzung hätten die Westukrainer sich der Sowjetunion gegenüber loyal fühlen sollen? Ja, es stimmt, dass nicht wenige begrüßt haben, dass die Sowjets die Polen von der Macht abgelöst haben. Aber wissen Sie was in diesen zwei Jahren passiert ist? Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel aus meinem Verwandtenkreis (das Beispiel ist zugegebenermassen ein Extremes): ein entfernter Verwandte von mir wurde von den Sowjets öffentlich gevierteilt! Sein Vergehen? Angehöriger der Bourgeosie zu sein. Die Westukrainer hatten allen Grund sich über die Deutschen zu freuen.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

stefko hat geschrieben:Wegen zwei Jahren sowjetischer Besatzung hätten die Westukrainer sich der Sowjetunion gegenüber loyal fühlen sollen? Ja, es stimmt, dass nicht wenige begrüßt haben, dass die Sowjets die Polen von der Macht abgelöst haben. Aber wissen Sie was in diesen zwei Jahren passiert ist? Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel aus meinem Verwandtenkreis (das Beispiel ist zugegebenermassen ein Extremes): ein entfernter Verwandte von mir wurde von den Sowjets öffentlich gevierteilt! Sein Vergehen? Angehöriger der Bourgeosie zu sein. Die Westukrainer hatten allen Grund sich über die Deutschen zu freuen.
Öffentliche Vierteilung? In einer für die Sowjets sicheren Zeit? Das klingt ehrlich gesagt sehr nach Radio Jerewan ...
Eine solche Strafmaßnahme wäre allenfalls als Strafmaßnahme sowjetischer Partisanen vorstellbar, aber für die Zeit von 1939 bis zum Einmarsch der Deutschen, glaube ich nicht. Sibirien, NKWD-Knast, Folter und heimliche Hinrichtungen - ja, öffentliche Hinrichtungen - nein.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Handrij hat geschrieben:
stefko hat geschrieben: ... oder den Kommunisten ... Wir sollten nicht vergessen, dass die Sowjets genau die ethnische Säuberungen durchführte, die wohl die UPA erhofft hätte (alle Polen hinter den San).
Gewaltsame Umsiedlung und Abschlachten sind zwei verschiedene Stiefel.
Was das Abschlachten betrifft waren die Sowjets nicht weniger zimperlich. Vielleicht waren sie bei der Umsiedlung der Polen am Ende des 2WK humaner, immerhin hatten sie in Polen ein Regime installiert und das wollten sie wohl kaum schwächen. Die Vertreibung der Ukrainer aus Polen war aber eine blutige Angelegenheit - mit allem was dazu gehört.

Handrij hat geschrieben:Die Nazi/Deutschens haben es aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auf ein industrielles Niveau der Vernichtung gebracht, die OUN-UPA war da aufgrund der Beschränktheit der Mittel auf manuelle Tötung angewiesen.
stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben:Die Ursachen für die Niederlage der UPA sind auch in ihrem Vorgehen zu suchen und nicht nur bei der Repression und der Übermacht des NKWD.
Die UPA hat gar nicht gewinnen können. Woher hätten Waffen und Geld kommen sollen. Die Hoffnung bestand auf ein Durchhalten bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion aus anderen Gründen.
Daher hat die OUN auch zuerst auf die Nazis gesetzt und das bereits seit den 30ern.
Auf wen hätte man sonst setzen sollen? In den 30er Jahren gab es zwei Feinde. Die Polen und die Sowjets. Der Westen war nicht wirklich interessiert sich einzumischen.
Handrij hat geschrieben:
Ende der 40er und Anfang der 50er gab es angeblich Unterstützung von Seiten der Amerikaner und die Wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen Sowjets und dem westlichen Block war damals auch nicht so gering.
Genau auf diesem Krieg bestand die Hoffnung der UPA. So lange wollte man durchhalten.
Handrij hat geschrieben:
Um es aber vielleicht noch einmal klarzustellen: Ich halte es für legitim Leute umzuschießen, die in mein Dorf kommen und die Leute aus meinem Umfeld umbringen oder mich umbringen wollen. Ich halte es aber nicht für legitim ins Nachbardorf zu gehen und einfach Leute umzulegen, die eine andere Sprache sprechen oder zu einem anderen Gott beten.
Ich gebe Ihnen durchaus recht. Allerdings spiegelt diese Interpretation nicht die Geschichte wieder. Die polnische Herrschaft war eine brutale, auf Grund der ethnischen Herkunft diskriminierende Herrschaft. Ich will dies mit ein paar Beispielen aus meiner Familie illustrieren.

Meine Grossmutter war Lehrerin, durfte aber in Galizien als Ukrainerin nicht unterrichten (sie hätte nur in Westpolen arbeiten dürfen).

Einem Onkel wurde bei der Bewerbung an der Universität erklärt, dass man eher einen Juden als einen Ukrainer aufnehmen würde.

Ukrainer wurden in der Eisenbahn nicht in das innere der Waggons gelassen, sondern durften nur auf der Plattform stehen.

Bauern wurden von der polnischen Polizei so lange verprügelt, bis sie auf die Frage wem die Erde gehört, mit den Polen antworteten.

usw, usw.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von DevilsNeverCry »

mbert hat geschrieben:
DevilsNeverCry hat geschrieben:Mit dem Spruch "ihr seid Verräter den ihr hättet mit uns gegen die Faschisten kämpfen müssen" wird man bei den Einwohnern von Galizien, Wolhynien und Poldolien nicht viel erreichen können. Es wurde hier schon mehrfach darauf hingewiesen das die Einwohner dieser Region ein deutlich stärkeres Nationalbewusstsein haben als jene Menschen die aus Charkiw oder Odesa kommen.
Die Tatsache sehe ich genau so, aber die Begründung teile ich nicht. Der Grund ist weniger das starke Nationalbewusstsein der Wessis, es war vielmehr eine aus der KuK-Zeit gebliebene grundsätzlich deutschlandfreundliche Einstellung sowie die traumatisierenden Erfahrungen nach dem Einmarsch der roten Armee. Man musste in dieser Situation überhaupt kein Nationalist sein, es war vollkommen logisch, dass man aufgrund dieser Erfahrungen in Russland den schlimmeren Feind als in Deutschland sah. Daher ist der "Verräter"-Spruch vollkommen neben der Spur.
DevilsNeverCry hat geschrieben: Mir persönlich gefallen diese ganzen Diskussionen rund um die Rote Armee und der OUN/UPA nicht da sie nur den kulturellen Graben zwischen den Einwohnern dieses Landes vertiefen.
Ich finde diese Diskussionen absolut notwendig. Es ist doch vor allem eine Frage, wie sie geführt werden! Das Thema UPA ist von beiden Seiten unsachlich behandelt und ideologisch verbrämt worden. Das hat einen Keil zwischen die Menschen getrieben, nicht das Thema selber (in der UPA kämpften viele Zentral- und Ostukrainer, was heute gern "vergessen" wird, weil es nicht in die üblichen Klisches passt).

Mich stört genauso eine einseitige Heroisierung Banderas wie mich auch stört, wenn die aus den sovietischen Zeiten stammende Legende von den "Verrätern" nachgeplappert wird (man denke bitte einmal für ein paar Minuten nach, wer eigentlich aus welchen Gründen ein Interesse an einer solchen Darstellung hat!).

Mir wäre es lieb, wenn man das Thema Historikern überließe, die sich gern darüber streiten dürfen, aber am Ende hoffentlich die relevanten Tatsachen offenlegen, so dass eine Chance besteht, ein ausgewogenes Bild von jener Zeit zu schaffen.
- Aber selbstverständlich hat dies auch im Nationalbewusstsein seinen Ursprung das Westukrainer sehr viel Wert auf das national staatliche Prinzip legen.
Die Ukrainer des Westens übrigens haben damals unter Petrusevyc ihr Heil bei Denikin gesucht und eine Zeitlang ein Bündniss mit den Sowjets zumindest nicht ausgeschloßen, während Petljura Hilfe bei den Polen gegen Denikin und den Sowjets suchte. Die Ukrainer der Zentralukraine und der Sloboda Ukraine litten durch die häufigen Machtkämpfe zwischen den Petljura Anhängern, den Denikin Truppen und den Sowjets. Die Westukrainer hatten ihre Auseinandersetzungen mit den Polen. Interessanterweise haben sich viele Juden in Lwiw während des Krieges gegen Polen auf Seiten der Ukrainer gestellt, wie jene aus Tschernigiw die mit Peljura gegen Denikin vor gingen (dieser war ja für seine Judenprogrome bekannt).
Auch wenn zwischen der OUN/UPA und den Sowjets Feindschaft herrschte (sowohl aus historischer als auch ideologischer Sicht) so war die westukrainische Bevölkerung anfangs den Sowjets beim Einmarsch 39' leicht positiv gegenüber eingestellt. Dies wandelte sich aufgrund Zwangskollektivierung, Repressialien etc. Selbst die OUN/UPA hatte bis zum Einmarsch der Sowjets die Polen als Hauptfeind deklariert und nicht die Russen.

- Für die Historiker okay. Ich beschwere mich nur darüber das dieses Thema so politisiert wird.
Für die Nationalbildung halte ich persönlich zumindest die Kosakenzeit und den Bürgerkrieg als maßgebend und bedeutender als OUN und Roten Armee.

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Handrij hat geschrieben: Öffentliche Vierteilung? In einer für die Sowjets sicheren Zeit? Das klingt ehrlich gesagt sehr nach Radio Jerewan ...
Eine solche Strafmaßnahme wäre allenfalls als Strafmaßnahme sowjetischer Partisanen vorstellbar, aber für die Zeit von 1939 bis zum Einmarsch der Deutschen, glaube ich nicht. Sibirien, NKWD-Knast, Folter und heimliche Hinrichtungen - ja, öffentliche Hinrichtungen - nein.
Geben hätte es vieles nicht dürfen...

Es war keine öffentliche Hinrichtung im Sinne von gezielt. Er war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.

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Ukraine

Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von Handrij »

stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben: Gewaltsame Umsiedlung und Abschlachten sind zwei verschiedene Stiefel.
Was das Abschlachten betrifft waren die Sowjets nicht weniger zimperlich. Vielleicht waren sie bei der Umsiedlung der Polen am Ende des 2WK humaner, immerhin hatten sie in Polen ein Regime installiert und das wollten sie wohl kaum schwächen. Die Vertreibung der Ukrainer aus Polen war aber eine blutige Angelegenheit - mit allem was dazu gehört.
Mit Abschlachten meine ich schon in ein Dorf gehen und einfach alle umlegen. Die Sowjets haben sich schon eher einzelne Leute und Familien aus bestimmten Zusammenhängen herausgesucht und teils nach Sibirien verschickt, teils auch erst gefoltert und dann hingerichtet. Das ist IMHO schon etwas anderes ...
Wassyl Kuk (als letzter Kommandeur der UPA) und Jurij Schuchewytsch (als Sohn) haben in der UdSSR leben können. Sie konnten sich nicht verwirklichen, aber immerhin wurden sie nicht umgebracht.
stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben:Daher hat die OUN auch zuerst auf die Nazis gesetzt und das bereits seit den 30ern.
Auf wen hätte man sonst setzen sollen? In den 30er Jahren gab es zwei Feinde. Die Polen und die Sowjets. Der Westen war nicht wirklich interessiert sich einzumischen.
Vielleicht hätte man sich mit dem Staat in dem man lebt arrangieren können? Es gab durchaus Bestrebungen von ukrainischer Seite einen Kompromiss mit den Polen zu finden. Dies wurde von der OUN nicht zugelassen. Diese Leute wollten nichts anderes als ihren eigenen Staat und das ohne Rücksicht auf Verluste. Das mussten auch Ukrainer erfahren:
Siehe hier: Nur eingeloggte Mitglieder sehen alle Links ...
Мета даної акції полягала в тому, щоб ефектно заявити про появу ОУН, загострити давній міжетнічний конфлікт на фоні розпочатого поступового поліпшення польсько-українських відносин і зростаючої популярності демократичних партій, які обєднували українське населення Галичини, на шляху компромісу з польскою владою.
Hier geht die Rede von einer bewusst durch die OUN forcierten Verschärfung des Konfliktes zwischen den Ukrainern und den Polen.
stefko hat geschrieben: Ich gebe Ihnen durchaus recht. Allerdings spiegelt diese Interpretation nicht die Geschichte wieder. Die polnische Herrschaft war eine brutale, auf Grund der ethnischen Herkunft diskriminierende Herrschaft. Ich will dies mit ein paar Beispielen aus meiner Familie illustrieren.
Meine Grossmutter war Lehrerin, durfte aber in Galizien als Ukrainerin nicht unterrichten (sie hätte nur in Westpolen arbeiten dürfen).
Einem Onkel wurde bei der Bewerbung an der Universität erklärt, dass man eher einen Juden als einen Ukrainer aufnehmen würde.
Ukrainer wurden in der Eisenbahn nicht in das innere der Waggons gelassen, sondern durften nur auf der Plattform stehen.
Bauern wurden von der polnischen Polizei so lange verprügelt, bis sie auf die Frage wem die Erde gehört, mit den Polen antworteten.
usw, usw.
Die Situation des polnischen Staates war keine souveräne, überall Feinde von außen und im Inneren. Das rechtfertigt Diskriminierungen nicht, doch war die OUN ähnlich eingestellt nur Feinde überall und kompromisssuchende Leute wurden umgelegt. Um Nur eingeloggte Mitglieder sehen alle Links ... zu zitieren:
Терор УВО-ОУН був спрямований не тільки проти зовнішнього, але й проти внутрішнього ворога, у першу чергу – проти тих, хто виступив за нормалізацію стосунків з польським урядом. Всього за 1921-1939 роки націоналістичне підпілля провело 63 замахи. Їхніми жертвами стали 25 поляків, один росіянин і один єврей; більшість – 36 – були українцями (з них лише один комуніст!). Така тактика ОУН викликала засудження леґальних організацій і лідерів центристських партій.
Der Terror der OUN richtete sich vor allem also gegen diejenigen, die sie zu schützen vorgaben.
Die Repressionen des polnischen Staates sind aufgrund der Terrortätigkeit der OUN in Polen aber auch nicht verwunderlich. Höhepunkt war sicherlich das Attentat auf den polnischen Innenminister 1934. Kein Wunder, dass da die Repressionsorgane freidrehen.
Die Ukrainer im Generalgouvernement wussten es dann auch zu schätzen, als ihnen einige kulturelle Aktivitäten und Bildung in ukrainischer Sprache von den deutschen Besatzern zugestanden wurden. Das sind Fakten welche die Ukrainer für die Deutschen eingenommen haben. Die Tätigkeit des NKWD im sowjetisch besetzten Teil tat dann noch ein Übriges hinzu. Alles trotzdem kein Grund um Nachbarn zu töten, die weder in der Polizei noch bei anderen staatlichen Organen waren. Demütigungen und Verprügeln mit dem Tod beantworten ist nicht nachvollziehbar.
stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben: Öffentliche Vierteilung? In einer für die Sowjets sicheren Zeit? Das klingt ehrlich gesagt sehr nach Radio Jerewan ...
Eine solche Strafmaßnahme wäre allenfalls als Strafmaßnahme sowjetischer Partisanen vorstellbar, aber für die Zeit von 1939 bis zum Einmarsch der Deutschen, glaube ich nicht. Sibirien, NKWD-Knast, Folter und heimliche Hinrichtungen - ja, öffentliche Hinrichtungen - nein.
Geben hätte es vieles nicht dürfen...

Es war keine öffentliche Hinrichtung im Sinne von gezielt. Er war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Mit Verlaub ich muss darauf insistieren, dass eine Vierteilung arg untypisch klingt. Also es klingt mir zu sehr wie ein Schauermärchen von den menschenfressenden Kommunisten. Nur zur Erinnerung: Die Sowjets waren keine vorbeiziehende marodierende Horde. Sie kamen um ihre Staatlichkeit auf die Westukraine auszudehnen und zu bleiben. Da veranstaltet man keine öffentlichen Vierteilungen. Das ist absurd. Sie hatten ihre Organe und die haben weniger in der Öffentlichkeit gearbeitet. Leute sind verschwunden und nicht wiedergekommen, es gab seltsame Transporte von den Gefängnissen und Polizeistationen aus und es gab verdächtige Grabungen, aber in der Öffentlichkeit? Aus dem Informationsmangel heraus entstanden Gerüchte, von denen aber nicht alles stimmen muss. Helfen kann hier nur eine Offenlegung aller SBU/KGB Archive.

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paracelsus
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von paracelsus »

mbert hat geschrieben: ........... Bandera genießt ja nicht nur im Westen Bewunderung für seinen Kampf für eine unabhängige Ukraine. Gleichzeitig ist er auch für Verbrechen verantwortlich. Dass er ein Nationalist war, ist unbestritten. Ob ein Faschist, hängt aus meiner Sicht vor allem davon ab, wie man den Begriff "Faschist" definiert. Mir hängt da leider ziemlich der alte in der SU übliche Sprachgebrauch nach, wo das eigentlich nur ein Synonym für "Nazi" und "Verbrecher" war. Diese Definition passt aus meiner Sicht nicht, dazu ist Bandera wie auch die UPA zu vielschichtig. ..............
.......vor allem in Polen sorgt er für Bewunderung.
Ich würde Bandera als Terroristen bezeichnen.
Der Übergang vom Extremnationalisten zum Faschisten zeigt sich beim Machterwerb. Die OUN/UPA überzeugte natürlich in der ihr eigenen immanenten Vielschichtigkeit einer nationalen Befreiungsarmee durch eine kaum vorstellbare Toleranz gegenüber Polen, Juden und Andersdenkenden.............. .


Im Übrigen halte ich diesen ständigen Versuch zur Bildung einer allgemeingültigen nationalen Identität für obsolet. Die heutige Ukraine besteht so wie sie nun einaml ist. Zur Geschichte gehören halt die Sowjetzeit - in der die heutige Ukraine geschaffen wurde, die Polnische Oberhoheit über Teile der heutigen Ukraine, die Zugehörigkeit anderer Teile zum Zarenreich, eine 150jährige Zugehörigkeit Galiziens zur KuK-Monarchie.

Gerade die so oft verklärte Zeit Galiziens - als Bestandteil der Donaumonarchie - bildete die Keimzelle des ukrainischen Nationalismus und dieser war geprägt durch die Orthodxie und einem aufkeimenden Slawismus. Innerhalb des Vielvölkerstaates war Galizien selbst damals das Armenhaus Europas. Von blühenden, reichen Landschaften weit und breit keine Spur............. . Das Lemberg der damaligen Zeit - polnisch dominiert, polnische Bevölkerungsmehrheit............ .

Wie dem auch sei, Nationalismus - und nicht nur der ukrainische - ist anscheinend in unserer globalisierten Welt erneut hoffähig geworden. Wobei ich nicht glaube, dass die ukrainische Bevölkerung in großen Teilen radikalnationalistisch ist. Unpolitische Menschen lassen sich leider leicht durch Versprechungen und einer gewissen Demagogie verlocken.



etwas zur Vielschichtigkeit der UPA

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sowie Spiegelartikel vom 30.3.1950:

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Die es gut meinen, das sind die schlimmsten.
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mbert
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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

paracelsus hat geschrieben: .......vor allem in Polen sorgt er für Bewunderung.
Ich würde Bandera als Terroristen bezeichnen.
Der Übergang vom Extremnationalisten zum Faschisten zeigt sich beim Machterwerb. Die OUN/UPA überzeugte natürlich in der ihr eigenen immanenten Vielschichtigkeit einer nationalen Befreiungsarmee durch eine kaum vorstellbare Toleranz gegenüber Polen, Juden und Andersdenkenden.............. .
Können wir bitte zu einer sachlichen Diskussion zurückkehren?
Danke.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von mbert »

Eigentlich wollte ich wegen des Tonfalls, der mich sehr stört, überhaupt nicht auf diesen Beitrag eingehen, aber...
paracelsus hat geschrieben:etwas zur Vielschichtigkeit der UPA
Gerade die so oft verklärte Zeit Galiziens - als Bestandteil der Donaumonarchie - bildete die Keimzelle des ukrainischen Nationalismus und dieser war geprägt durch die Orthodxie und einem aufkeimenden Slawismus.
Der ukrainische Nationalgedanke entwickelte sich im späten 19. Jh.in Galizien parallel zu dem anderer Völker, die Bestandteil des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn waren. Diese Bewegung war unvermeidlich, da die Habsburger zwar den kulturellen Identitäten ihrer Völker eine gewisse Toleranz schenkten, aber die deutschsprachige "Leitkultur" eine Gleichberechtigung ausschloss. Diese Bewegungen sind nicht vergleichbar mit dem Nationalismus der Nazis in Deutschland oder der Faschisten in Italien im 20. Jh.

Was die "orthodoxe" Ausrichtung betrifft, liegst Du falsch. Die Westukraine ist seit hunderten von Jahren griechisch-katholisch, also Teil der katholischen Kirche - wenn auch mit byzantinischem Ritus.
paracelsus hat geschrieben: Innerhalb des Vielvölkerstaates war Galizien selbst damals das Armenhaus Europas. Von blühenden, reichen Landschaften weit und breit keine Spur............. .
Das ist alles relativ zu betrachten. Den Menschen in Galizien ging es blendend im Vergleich zu ihren östlichen Landsleuten. Sie wurden innerhalb von nur zwei Jahren mit brutaler Gewalt auf deren Niveau heruntergebracht.
paracelsus hat geschrieben: Das Lemberg der damaligen Zeit - polnisch dominiert, polnische Bevölkerungsmehrheit............ .
Das ist richtig, und das bestreitet auch keiner.
paracelsus hat geschrieben:etwas zur Vielschichtigkeit der UPA
[...]
Die von Dir genannten Quellen sind allgemein bekannt, und sie stellen eine Sichtweise statt. Sie selber sind alles andere als vielschichtig.
Man beachte, dass in Bürgerkriegen und Partisanenkriegen zwangsläufig auf beiden Seiten ungeheure Verbrechen geschehen. Ich kann nicht sehen, dass das hier irgendjemand in Abrede stellt. Eben aufgrund der genannten Tatsache verbietet sich eine derartig einseitige Beurteilung von selber.
Es genügt nicht, nur keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken!

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Re: Die Putinisierung der Ukraine

Beitrag von stefko »

Nachdem der Thread schon recht lang geworden ist, denke ich, dass es nicht schadet ihn thematisch zu gliedern.
Handrij hat geschrieben:
stefko hat geschrieben:
Handrij hat geschrieben: Öffentliche Vierteilung? In einer für die Sowjets sicheren Zeit? Das klingt ehrlich gesagt sehr nach Radio Jerewan ...
Eine solche Strafmaßnahme wäre allenfalls als Strafmaßnahme sowjetischer Partisanen vorstellbar, aber für die Zeit von 1939 bis zum Einmarsch der Deutschen, glaube ich nicht. Sibirien, NKWD-Knast, Folter und heimliche Hinrichtungen - ja, öffentliche Hinrichtungen - nein.
Geben hätte es vieles nicht dürfen...

Es war keine öffentliche Hinrichtung im Sinne von gezielt. Er war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Mit Verlaub ich muss darauf insistieren, dass eine Vierteilung arg untypisch klingt. Also es klingt mir zu sehr wie ein Schauermärchen von den menschenfressenden Kommunisten. Nur zur Erinnerung: Die Sowjets waren keine vorbeiziehende marodierende Horde. Sie kamen um ihre Staatlichkeit auf die Westukraine auszudehnen und zu bleiben. Da veranstaltet man keine öffentlichen Vierteilungen. Das ist absurd. Sie hatten ihre Organe und die haben weniger in der Öffentlichkeit gearbeitet. Leute sind verschwunden und nicht wiedergekommen, es gab seltsame Transporte von den Gefängnissen und Polizeistationen aus und es gab verdächtige Grabungen, aber in der Öffentlichkeit? Aus dem Informationsmangel heraus entstanden Gerüchte, von denen aber nicht alles stimmen muss. Helfen kann hier nur eine Offenlegung aller SBU/KGB Archive.
Ich verstehe Ihre Zweifel. Für mich besteht allerdings kein Grund zum Zweifeln, da es sich um einen Verwandten handelte. Zusätzlich habe ich auch andere Ereignisse, die in der Familie erzählt wurden und die in ihrer Grausamkeit ähnlich waren, auch in anderen Quellen gefunden. Z.B. über einen Priester der vom NKWD bei lebendigen Leibe in einem Kessel gekocht wurde, oder einen anderen der vom NKWD gekreuzigt wurde. Diese Fälle sind z.B. vom Vatikan dokumentiert und fanden während der ersten sowjetischen Besatzung statt.

Bezüglich der Gerüchte gebe ich Ihnen natürlich Recht. In so einer Situation machen alle möglichen Gerüchte die Runde - und werden auch von allen Seiten bewusst gestreut. Auch dies sollte man bei der Beurteilung der Gräueltaten des Krieges berücksichtigen.

Eine vollständige Öffnung und Aufarbeitung der Archive wäre sehr zu begrüßen (ich glaube aber nicht, dass die Archive ein vollständiges Bild abgeben). Die aktuelle Regierung macht aber leider genau das Gegenteil. Wie war noch die Aussage der Regierung zum Schliessen der Archive: die Aufgabe des Geheimdienstes ist es nicht Sachen zu veröffentlichen, sondern sie geheim zu halten.

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