Kultur, Religion und GeschichteBZ: Die Scham der Ukraine

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Ukraine

BZ: Die Scham der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Patrick Desbois sucht die letzten Augenzeugen der Judenvernichtung

von Bert Hoppe

Deutschland hat mittlerweile ein recht abgeklärtes Verhältnis zum Massenmord an den Juden Europas. Das Thema wurde in den Gedenkkanon übernommen; das Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals ist zu einem Ort geworden ist, "an den man gern geht." Der Ukraine fehlt diese lässige Distanz: das Land gehörte zu jenen "killing fields" des Zweiten Weltkrieges, wo SS, Gestapo und Wehrmacht den Judenmord an hunderten Orten in blutiger Handarbeit verrichteten, lange bevor Auschwitz und Belzec in Betrieb gingen. Während sich Deutschland einen ästhetisch abstrahierten Friedhof gegönnt hat, ist die Ukraine von zahllosen, realen Massengräbern übersät. Entsprechend qualvoll ist für viele Ukrainer die Erinnerung an dieses Massenverbrechen, zumal diese Morde häufig in den Ortschaften vollzogen wurden, vor aller Augen und unter der Beteiligung Einheimischer.

Der französische Pater Patrick Desbois reist seit sieben Jahren durch die Ukraine, um mit Hilfe der letzten Augenzeugen die zumeist ungekennzeichneten Mordstätten des Holocaust zu finden. Zugleich will er mit Mitteln der Oral-History den jeweiligen Ablauf der Verbrechen klären, die oftmals nicht mal als "Erfolgszahlen" in den Abschlussberichten der Mordkommandos auftauchen.

Zuweilen begegnet Desbois eine beeindruckende Offenheit: Gruppen junger Ukrainer beginnen die jüdische Geschichte ihrer Gemeinde zu erforschen, der Großerzbischof Husar von Kiew stellt ihm gleich Wagen und Chauffeur zu Verfügung. Auf dem platten Land dagegen überwiegt die Abwehr: In einem Ort laufen die Nachbarn aus den Häusern, als sich Desbois von einem betagten Augenzeugen das Massengrab inmitten des kleinen Weilers zeigen lässt; einer der Dorfbewohner fordert erregt, ihre Gemüsegärten in Ruhe zu lassen. "Ohne es zu wissen, bestätigen sie nur, was alle im Viertel wissen: Die Leichen der erschossen Juden ruhen unter den Tomatenstauden."

Die meisten der Zeugen sind mit ihren Erinnerungen an das schreckliche Geschehen jahrzehntelang allein gelassen worden sind. Ihre Erzählungen in Desbois' Buch lassen sich nur schwer ertragen - insbesondere die jener Zwangsverpflichteten, die die Gruben für die Opfer ausheben, Kalk auf die Leichen streuen, und schließlich die toten Leiber mit bloßen Füßen zusammenstampfen mussten, damit noch eine "Lage" Juden in die Grube passte. "Wissen Sie, es ist nicht leicht, auf Leichen zu gehen", gesteht ihm eine dieser "Stampferinnen" im westukrainischen Terniwka, wo die SS 2 300 Juden erschossen hat. Die Zeugen wissen von den Gelagen zu berichten, die die Dorfbewohner den Mordkommandos während der Exekutionen ausrichten mussten, und von jüdischen Sexsklavinnen, die sich die Deutschen zuführen ließen, bevor auch diese jungen Frauen erschossen wurden. Und sie erzählen immer wieder davon, wie sich die häufig nur notdürftig mit Erde bedeckten Gräber noch tagelang bewegten. Kinder wurden nämlich meist lebendig in die Gruben geworfen.

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Ukraine

Re: BZ: Die Scham der Ukraine

Beitrag von Handrij »

Zum gleichen Buch eine Vorstellung in der englischsprachigen Abteilung von Nur eingeloggte Mitglieder sehen alle Links ....
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A French priest and his team are searching in Ukraine for the last witnesses of the Holocaust. They have already found hundreds of mass graves of Jews murdered by the Nazis. But time is running out.

Patrick Desbois has developed a keen eye for Ukrainian pensioners. The French priest -- a diminutive man dressed in black -- is standing on a village street and looking at two women walking by. They are the right age. "Go over there, quickly, and ask them," Desbois says to his colleague Andrej Umansky, a law student from Cologne. Both men have just arrived in Yaktorov by minibus.

"Did you live here during the war?" Umansky asks the women. That's always the first question.

One of the women nods.

"Did you see how the Jews were shot?" asks Umansky. When someone has answered the first question with "yes," this is always the second one.

The woman nods again.

She is another contemporary witness of the Holocaust in Ukraine who Desbois and Umansky have found. This has taken them one step further in their work: documenting the mass murder of Jews in this region.

For the past six years, the priest, the student and the others in their small team have been traveling through Ukraine and looking for old people, men and women over the age of 70.

An estimated 1.5 million Jews were murdered by German occupying forces in the area that constitutes today's Ukraine. Some of these people were deported to extermination camps in what is today Poland. However, most of the victims were shot by the occupiers in mass executions throughout the country.

Retracing the Steps of the Perpetrators

One of the largest massacres was in the Babi Yar ravine near Kiev. On two days in September 1941, more than 33,000 Jews were shot dead. This massacre has been investigated; there are books and films about it, and there is also a memorial there. Before the priest and his team arrived, not much was known about the many other killings. There were hardly any memorials; hundreds of thousands of dead had been forgotten.

The researchers retrace the steps of the perpetrators. Traveling from village to village, they conduct interviews with eye witnesses, find locals who will show them the sites of atrocities, search fields for spent cartridges, shoot films, take pictures and note down everything. They are usually on the road for a number of weeks in a row, traveling in teams of 10.

Over the past six years, they have questioned over 800 people in 330 towns and villages, and discovered hundreds of mass graves. This autumn their organization, Yahad-In Unum, will open a documentation center in Paris in collaboration with the Sorbonne University. The German Foreign Ministry has just made €500,000 ($717,000) available to allow them to continue their search.

The old woman in Yaktorov is prepared to answer additional questions. Her name is Anna; she is 82 years old. In the afternoon she is sitting at her living room table -- a tiny woman wearing a headscarf and a knit jacket, despite the heat.

Over the years, Father Desbois has developed a system that they now use to conduct all interviews. They inquire about a large number of details to refresh the witnesses' memories. What was the weather like on that day?

The weather was beautiful, says Anna, a sunny day.

It is important to ask the questions calmly. No interrogative tones, no judgments, no emotions.

"I was walking with my cows on the meadow in front of the village," says Anna. She was a young girl back then, 16, the daughter of simple farmers. Her answers are brief, and she glances mutely at the priest after each response.

It Was Much Worse for the Others

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