Der russische Präsident hat seinem ukrainischen Kollegen vorgeworfen, das Nachbarland auf einem anti-russischen Kurs zu steuern. Experten sehen hinter den markigen Worten ganz unterschiedliche Motive.
Harter Tobak war das, was Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew seinem Kollegen aus der Ukraine in einer per Internet verbreiteten Video-Botschaft vorhielt: Die bilateralen Beziehungen hätten während der Präsidentschaft von Wiktor Juschtschenko ein beispiellos niedriges Niveau erreicht, die Spannungen überstiegen jegliches Maß. Medwedjew warf der ukrainischen Führung einen anti-russischen Kurs vor und kündigte an, vorerst keinen neuen Botschafter in die Ukraine zu entsenden. Als Beispiele für einen anti-russischen Kurs nannte Medwedjew ukrainische Waffenlieferungen an Georgien, Probleme mit der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim sowie die "Revidierung der gemeinsamen Geschichte".
Doppelte Botschaften: nach innen und nach außen
Den Anlass für Medwedjews Erklärung sehen ukrainische Experten im beginnenden Wahlkampf in der Ukraine. Beobachter gehen davon aus, dass er ebenso polarisierend ausgetragen werden wird wie bei den Präsidentschaftswahlen 2004. Moskau halte mit seiner Präferenz nicht hinter dem Berg und setze wieder demonstrativ auf einen Kandidaten, meint Wolodymyr Horbatsch vom Institut für euroatlantische Zusammenarbeit in Kiew: "Das ist der direkte Versuch, das Ergebnis der ukrainischen Wahl zu beeinflussen. Der Kreml macht deutlich, mit der jetzigen demokratischen Regierung nicht zusammenarbeiten zu wollen. Man wartet auf eine neue Führung und geht davon aus, mit solchen Erklärungen die Ukrainer dahingehend bewegen zu können, die eigenen Positionen zu überdenken und sich für eine Führung zu entscheiden, die Moskau passt", sagte Horbatsch im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Der Experte schließt nicht aus, dass Medwedjew mit seiner Erklärung ein weiteres Ziel verfolgt: Horbatsch vermutet, dass nach der ersten "Informations-Attacke", die auf das ukrainische Inland ziele, Moskau weltweit Propaganda betreiben werde über Gefahren und Probleme, die angeblich von der Ukraine ausgingen. Letztendlich werde der Kreml versuchen, Waffengewalt auf ukrainischem Territorium anzuwenden. "Das ist absolut möglich, wenn diesen Erklärungen auch ein entsprechend provozierendes Vorgehen folgt, um in der Ukraine einen Brennpunkt zu schaffen, so wie in Georgien", erläuterte Horbatsch.
Der ukrainische Parlamentsabgeordnete Serhij Schewtschuk ist überzeugt, dass die Erklärung des russischen Präsidenten weniger an die Ukraine, sondern viel mehr an EU und NATO gerichtet ist. Gerade ihnen solle vor Augen geführt werden, wie politisch schwach sie seien. "Nach der brutalen Aktion Russlands im Kaukasus ist ein Jahr vergangen. In diesem Jahr gab es weder eine Verurteilung noch Proteste von unseren Partnern in Europa. Das erlaubte der russischen Seite, sich als Macht zu betrachten, der alles erlaubt ist", so Schewtschuk.
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